Von der Krugwirtschaft zum Hotel „Zur Traube“

 

Hotel zur TraubeDas am Nordermarkt von Brunsbüttel Ort gelegene Hotel „Zur Traube“ hat eine 330jährige geschichtliche Vergangenheit. Die ursprüngliche Krugwirtschaft war drei Generationen lang im Besitz der Familie Petersen, den Vorfahren meiner Großmutter Magda Tiedemann, geb. Petersen. Der Hamburger Historiker Dr. Walther Gerber hat die Geschichte des Hauses erforscht und in der Brunsbütteler Zeitung veröffentlicht.

Das Hotel zur Traube damals

Das Hotel zur Traube damals. Ställe für Pferde befanden sich im Hinterhof.

„Das Grundstück am Nordermarkt, das jetzt die „Traube“, Markt 9, innehat, wurde 1675 von dem früheren Major, dann Hausmann in Brunsbüttel, Peter Boie (1609 – 1679) erworben. Er scheint das von ihm erbaute Haus nicht selber bewohnt, sondern an Matthias Rolfs (gest. 1679) verpachtet zu haben, der ein wohlhabender Kaufmann und sicher auch Gastwirt der heutigen „Traube“ war. Er lieferte der Kirche Wein für die Visitationsmahlzeiten, konnte ihr auch Geld leihen. Nachfolgerin und Eigentümerin von Haus und Grund wurde noch 1679 seine Witwe Margreta Rolfs, für die obiger „Petrus Boje major“ als Curator eintrat. Er hat ihr anno 1679 (kurz vor seinem Tode) das ihm bis dahin noch gehörende Grundstück verkauft. Außer ihr unterschrieb der Kirchspielschreiber „Johan Boje“ das Protokoll.

Erbe war ihr Sohn Jakob Rolfs (1667 – ca. 1724), der nicht nur Gastwirt, sondern auch Steuereinnehmer und Rechnungsführer des Kirchspiels war, ein vielseitig gebildeter und „gewandter Mann“.

Dessen Sohn Matthias Rolfs II. (1693 – 1746) lebte als Junggeselle „von seinen ererbten Mitteln“. Wahrscheinlich hat er aber die Krugwirtschaft noch weiterbetrieben. Nach ihm wechselten Name und Besitzer. Über den unmittelbaren Nachfolger des letzten Rolfs ist nichts bekannt.

Claus von Essen (1744 – 1804, gest. am Schlagfluß), dem die Gastwirtschaft im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts anscheinend gehört hat, wird auch Gewürzhändler und Krämer genannt.

Martin von Essen (1780 – 1836), sein Sohn, wird bei der Heirat (1808) mit Anna Margretha, geb. Wohlenberg, im Kopulationsregister noch als „Müller im Neuen Kooge“ bezeichnet. Erst danach hat er die Gastwirtschaft in Brunsbüttel übernommen, die seine verwitwete Mutter Margret, geb. Kröhnke, aus Sösmenhusen bis dahin fortgeführt hatte. Martin florierte. Seine Gastwirtschaft ist die größte im Orte, ein Anwesen mit Ausspann, fast so alt wie der Flecken. Dort ist die vornehmere Gesellschaft zu Hause, dort finden die Bauernbälle statt, auch die alljährlichen Meisterbälle. Noch bei guten Lebensjahren gab er seine Betriebe – wohl Gasthof nebst Gewürz- und Kramhandel – an einen mutmaßlichen Verwandten ab.

Der Nordermarkt auf einer zeitgenössischen Postkarte. Links unten der Gasthof

Der Nordermarkt auf einer zeitgenössischen Postkarte. Links unten der Gasthof Zur Traube.

So wurde Peter Petersen (1800 – 1877) Gastwirt und Gewürzhändler. Seit ca. 1823 war er verheiratet mit Magdalene Tormählen aus Ohlen (1797 – 1854). Da sein Vater Harder Detlef Petersen (1773 – 1825) bereits eine Brauerei und Brennerei Ecke Reichenstraße und Ochsenmarkt besaß, die bei dessen Tode wohl an den Sohn überging, hatte dieser gute Aussichten für sein Fortkommen. Dem Berichte nach unterhielt er einen Saal für Tanz und andere Gelegenheiten, was sich zweifellos auf die Gastwirtschaft am Nordmarkt, die heutige „‚Traube“ bezieht. Hier trafen sich in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts „alle Donnerstage in ihrer Clubgesellschaft bei Peter Petersen“ die vornehmen Herren, z.B. der schwerreiche Bauer Hans Wolter von Mühlenstraße (gest. 1836) und der Landesgevollmächtigte Peter Hinrich Piehl von Brunsbüttel, (gest. 1836). Bisweilen wurde ihnen an Winterabenden eine Punschbowle vorgesetzt, so am 25. Februar 1834. Sein Sohn und Nachfolger als Gastwirt war Carl Friedrich Petersen (1824 – 1896), der als Original galt, seit 1857 verheiratet mit Catharina Mathilde Busch vom Neuenkoogshafen (1826 – 1898). Vermutlich hat er das baufällig gewordene Giebelhaus am Nordmarkt gänzlich abbrechen und 1884 vom Mauermeister Mohr einen aufwändigen Neubau errichten lassen, der jetzt noch steht. Vermutlich hat erst Carl Friedrich Petersen dem Gasthof den Namen „Zur Traube“ verliehen, mit dem entsprechenden Zunftzeichen über dem Eingang. – Beide Eheleute sind in Hamburg gestorben, haben den Besitz also schon bei Lebzeiten an ihren Sohn abgetreten.

Die Traube um 1905

Die Traube (mit Balkon) um 1905. Der große Junge rechts von den kleinen Kindern ist mein Urgroßvater Walter Petersen, Sohn von Gustav Petersen.

Peter Hinrich Gustaf Petersen (1860 – 1945), der letzte seines Namens in der „Traube“, war Brauer und Gastwirt. 1885 heiratete er Magdalena Elise, geb. Hadenfeldt (1858 – 1900), aus der Brunsbütteler Müllerfamilie. Er bezog das eben fertig gewordene Haus wohl nicht ohne Sorgen wegen der finanziellen Belastung durch den Neubau und hat die „Traube“ nur bis 1892 oder 1893 bewirtschaftet. Ob er nicht zurechtkam, steht dahin. Jedenfalls verpachtete er sie um diese Zeit, noch jung an Jahren, an den Bruder seiner Frau und verließ Brunsbüttel.

Claus Friedrich Hadenfeldt, Müllerssohn aus Brunsbüttel (1867 – 1935), war vorher kaufm. Angestellter gewesen, zuletzt in Lübeck 1891 und in Mölln, wo er sich 1892 verehelichte. Noch im selben oder im nächsten Jahre übernahm er von seinem Schwager Gustav Petersen die „Traube“. Es war jedoch nur ein kurzes Interim. 1893/94 zog er nach Heide, von dort 1896 nach Hamburg.

Im Laufe der folgenden zwei Jahrzehnte hat die „Traube“ noch mehrere Male den Besitzer bzw. Pächter gewechselt. Soweit bekannt, waren es: Christian Jürgensen (älterer Bruder des Gastwirts Julius Jürgensen, Markt 5), der sich nicht halten konnte; dann ein Ballerstedt aus Hamburg, ein Schröder und Trenker (anscheinend in dieser Reihenfolge).

1913 übernahm Hinrich Haack (1862 – 1945) aus Westerdeich bei Marne die „Traube“, zunächst nur pachtweise, 1914 durch Kauf. Er war verheiratet mit Maria, geb. Wehrmann (1866 – 1952). 1927 verkaufte er das Gewese an den aus der Krempermarsch stammenden Bauern Jürgen Kock. Nach ihm haben es noch Voß kurzfristig in Besitz oder in Pacht gehabt. Dem letztgenannten drohte der Konkurs. Um seine auf dem Grundstück ruhenden Hypotheken zu retten, war Hinrich Haack genötigt, die „Traube“ 1932 nach einem fünfjährigen Interim wieder zu übernehmen. 1933 kam seine Tochter Henny Haack aus Kassel zurück und erhielt Konzession, da ihr 71jähriger Vater der Aufgabe nicht mehr voll gewachsen war. Sie ist dann die Hauptstütze auch über den Tod der Eltern hinaus geblieben, die „Seele“ des Gewerbebetriebes mit einem großen Saale für Veranstaltungen aller Art, eine Kegelbahn, Clubraum und Fremdenzimmern. 1963 entschloss sich die aus sechs Geschwistern bestehende Erbengemeinschaft Haack zum Verkauf der „Traube“ an einen Hamburger Gastwirt. Dieser, Kurt Brehmer (1919 – 1970), hat ihr noch sieben Jahre bis zu seinem plötzlichen Tode mit Erfolg vorgestanden. Danach wurde seine Witwe Waltraud Brehmer, geb. Göhrt, Inhaberin.

Das Hotel zur Traube heute

Das „Hotel zur Traube“ heute

Danach taucht noch der Name Schmielau auf, bis am 1. September 1989 Michael Schierhorn Besitzer der „Traube“ wird.

Das Hotel „Zur Traube“ hat nunmehr eine 330jährige geschichtliche Vergangenheit (1675 – 2005), eine bemerkenswerte Zeitspanne für eine vorwiegend ländliche Gaststätte, die sich auch in widrigen Zeiten zäh behaupten konnte.“

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